Little / big, closed / open BIM? Und wie „reif“ sind eigentlich die BIM-Prozesse in meinem Projekt? Erst kürzlich sollte ich für die Bewerbung auf ein Vergabeverfahren möglichst kurz und knapp beschreiben, wie weit unsere Firma schon mit der BIM-Implementierung sei. Da der flüchtige Begriff „BIM“ von standardisierten Bewertungsmaßstäben noch weit entfernt ist, behalf ich mir vorübergehend mit den zwei in der Fachliteratur üblicherweise beschriebenen Bewertungsmodellen: den „technologischen Stufen“ und dem „BIM-Reifegrad“.

Technologische Stufen des BIM

Sicher haben die meisten schon von der Zielvorgabe „big open BIM“ gehört – diese definiert sich aus den sog. technologischen Stufen des BIM. Diese Vier-Felder-Matrix „little, big, open, closed“ gibt einen Überblick darüber, inwieweit die modellbasierte Kollaboration zwischen den Projektteilnehmern möglich ist. Big oder little BIM unterscheiden sich danach, ob Datenmodelle zwischen verschiedenen Projektbeteiligten ausgetauscht werden oder nicht. Den Unterschied zwischen open und closed BIM macht die „Interoperabilität“ aus, d.h. ob herstellerneutrale Datenschnittstellen vorhanden sind oder innerhalb einer Softwarelandschaft gearbeitet wird.

Da man als Fachplaner big open BIM rein technisch schon in dem Moment erfüllen kann, in dem man über eine Software mit IFC-Schnittstelle verfügt, musste ich feststellen, dass diese Einteilung für die Bewertung der BIM-Fähigkeit wenig Aussagekraft hat. Eine detailliertere Antwort zu der eingangs gestellten Frage gab mir das BIM-Reifegrad-Modell (engl. BIM Maturity Model).

BIM-Reifegrad

Das BIM-Reifegrad-Modell unterscheidet vier verschiedene Stufen des Informationsmanagements in Bauprojekten. Das Level 0 meint das herkömmliche Arbeiten mit 2D-CAD-Programmen, Level 1 den Aufbau von 3D-Modellen. Ab Level 2 wird es interessant, denn hier kommt der Aspekt des Datenaustauschs und der -weiterverarbeitung hinzu. Dem Grad der Informationsanreicherung kommen neue Dimensionen hinzu, wie z.B. Zeit, Kosten, energetische Simulationen oder Betriebsdaten. Level 3 wird dann erreicht, wenn sämtliche ISO-Standards eingehalten werden, eine Cloud-basierte Plattform eingesetzt und die Daten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes weiterverwendet werden.

Für alle Projektbeteiligten, die schon mit BIM gearbeitet haben, wird wohl die Wahrheit im BIM-Reifegradmodell bei Level 2 liegen. BIM-Reifegrad 2 klingt zwar im ersten Moment gut, aber die Bandbreite innerhalb dieses Levels ist so groß, dass ich immer noch keine differenzierte Aussage über die bisher umgesetzten BIM-Prozesse des Planungsbüros hatte.

Fazit

Wenn man sich nun als BIM-Anwender die Frage stellt, „Wie viel BIM können wir?“ bzw. „Wie viel BIM haben wir schon umgesetzt?“, wird es keine einfache Antwort geben. In der Fachliteratur sind zwar noch einige detailliertere Bewertungsmodelle zu finden (z.B. die BIM Reifegrad Matrix der BIMe Initiative), allerdings hat sich davon bisher keines als allgemeingültiger Maßstab etablieren können.

Deshalb würde ich jedem empfehlen, der eine konkrete Antwort auf diese Fragen wissen will, eine Liste mit den konkreten BIM-Anwendungsfällen zu erstellen. Die BIM-Anwendungsfälle sind fachspezifisch und deshalb deutlich aussagekräftiger. Als Vorlage können hier im Internet frei zugängliche AIAs und BAPs genutzt werden. Auch in den Vergabeverfahren sind üblicherweise BIM-Anwendungsfälle gelistet, die dann nach ihrem Grad der erfolgten / möglichen Umsetzung bewertet werden können.

Und auch diejenigen, die gerne eine kurze und prägnante Aussage zu dem Grad der BIM-Implementierung haben wollen, lassen sich nach meiner Erfahrung mit der Aussage: „7 von 10 BIM-Anwendungsfällen wurden schon erreicht“ zufrieden stellen.