Als unumgänglicher Bestandteil der Bauplanung ist die Kostenermittlung nach DIN 276 vermutlich eine der unbeliebteren Aufgaben des Planers, stellt sie doch hohe Anforderungen an die Mengenermittlung sowie eine nachvollziehbare Preisbildung.
In diesem Beitrag möchte ich einen Überblick geben, welche Möglichkeiten und Voraussetzungen für Bauwerksmodelle gelten, um sie in ein 5D BIM-Konzept einzubinden und die inbegriffene Mengen- und Kostenermittlung zu vereinfachen sowie diese, zumindest in Teilen, zu automatisieren.
Die Chancen
Wo das Thema der Preisbildung meist ein individueller Ansatz jedes einzelnen Bauplaners bleibt, kann man die Mengenermittlung mit Hilfe des eigenen Modells und einem 5D-fähigen AVA-Werkzeug deutlich vereinfachen. Zudem können die so ermittelten Mengen und Kosten im Idealfall auch für spätere Auswertungen, die Kostenverfolgung in der Ausführungsphase und sogar für die Abrechnung von Bauleistungen im Projekt eingesetzt werden.
Aktuell nutzen viele Planer, die bereits ein BIM-fähiges CAD-Werkzeug einsetzen, sicher schon die CAD-internen Auswertungsfunktionen, um die Mengenermittlung nicht länger mit Stift, Lineal und Taschenrechner an Plänen ausführen zu müssen. Damit lassen sich bereits (relativ) präzise Mengen auf Basis des eigenen Modells ermitteln. Der Übertrag dieser Mengen in die Kostenermittlung, respektive das AVA-Werkzeug, findet aber zumeist noch per Hand statt.
Hier setzt das 5D BIM-Konzept an, welches die benötigten Leistungen und deren Mengen bauteilbasiert im AVA-Werkzeug zusammenführt, um die bis dato manuelle Schnittstelle zwischen Mengen- und Kostenermittlung in Form einer integrierten digitalen Schnittstelle (z.B. IFC) zwischen CAD und AVA zu ersetzen.
Um diese Brücke zu schlagen haben sich in den letzten Jahren verschiedene Umsetzungskonzepte entwickelt, welche von diversen Softwareanbietern im AVA-Umfeld angeboten werden.
Grundlegend ist die Unterscheidung in zwei Hauptpfade der Anwendung ersichtlich:
- Kostenbemusterung im CAD-Werkzeug
- Kostenbemusterung im AVA-Werkzeug
Beide Pfade ermöglichen, je nach Projekttyp und Planungsanforderungen, einen effektiven 5D-Workflow und lassen sich je nach AVA-Werkzeug auch miteinander kombinieren.
Kostenbemusterung im CAD-Werkzeug
Die Mengen, Leistungsumfänge und Kosten werden direkt im CAD-Werkzeug an den Bauteilen definiert.
Dies kann rein mit Bemusterungsfunktionen der CAD-Anwendung oder mithilfe eines zusätzlichen Plugins (z.B. DBD-BIM) erfolgen. In beiden Fällen, ist die 5D-Integration der bemusterten Bauteile in ein AVA-Werkzeug umsetzbar.
Beispiel für CAD-seitige Bemusterung – Bemusterung einer Giebelwand mit DBD-BIM in Graphisoft Archicad
Kostenbemusterung im AVA-Werkzeug
Dieser Pfad der modellbasierten Mengenermittlung entspricht eher dem klassischen Konzept der Kostenermittlung, also mit stärkerer Trennung zwischen Planung und Kostenermittlung. Die benötigten Bemusterungen der Bauteile werden hier größtenteils mit Hilfe eines 5D BIM-Moduls in einem AVA-Werkzeug durchgeführt, was die Verbindung zwischen Bauteil und Teilleistungen sowie deren Kosten herstellt.
Beispiel für AVA-seitige Bemusterung – IFC-Modell aus Trimble Nova (Gewerk Lüftung) in RIB iTWO
Denkt man das 5D-BIM-Konzept im Rahmen der AVA anschließend weiter, können zudem durch die nachvollziehbare Verknüpfung zwischen Bauteilen, Positionen und zugehörigen Aufmaßen weitere Potentiale erschlossen werden. Darunter die bauteilgenaue digitale Abrechnung der Leistungen anhand der modellbasierten Mengenermittlung. Hier kann das oft langwierige freihändige Erstellen von Rechnungsaufmaßen sowie das ebenfalls manuelle Prüfen besagter Aufmaße auf Bauherrenseite deutlich vereinfacht werden.
Daneben arbeiten die meisten 5D-fähigen AVA-Werkzeuge auch mit Zeitansätzen für Positionen, was in der Kombination aus 3D-Modell und 5D-Kostenbemusterung unter geringem Mehraufwand die Erstellung von Bauablaufplänen und zugehörigen 4D-Simulationen ermöglicht. Diese werden von vielen Planern als hilfreich empfunden, um Fehler oder Optimierungspotential in der eigenen Bauablaufplanung aufzuspüren, da die modellseitige Aufbereitung des geplanten Bauablaufs wesentlich plastischer ist, als die reine Diagrammdarstellung in oftmals riesigen Gantt-Charts.
Die Hürden
Unabhängig von der spezifischen Umsetzung der 5D-Kostenermittlung stellt diese einige zusätzliche Anforderungen an die Planung im CAD-Werkzeug. Obwohl die zusätzlichen Erfordernisse für die Modelldefinition in puncto Bauteilgeometrie und -semantik in der Regel überschaubar bleiben, ist dennoch ersichtlich, dass es vielen Planern noch immer schwer fällt diese Anforderungen mit Hilfe einheitlicher Bauteilvorlagen und definierter Arbeitsvorgaben für Modellierung und Bemusterung in einen effektiven Gesamtworkflow zu überführen.
Da sich die Effektivität des Einsatzes von 5D-BIM jedoch an dem Grad der Synchronisierung von Planung und Kostenermittlung bemisst, ist insbesondere bei der Entwicklung eines geeigneten Workflows darauf zu achten die Bearbeiter beider Arbeitsbereiche gemeinsam in die Entwicklung einzubinden. Anderenfalls besteht schnell die Gefahr, dass ein unergonomischer 5D-Workflow das Interesse und nachfolgend auch die Motivation des Einsatzes der 5D-Kostenermitlung bei den Anwendern sinken lässt.
An dieser Stelle ist eine sanfte Harmonisierung zwischen Planung und AVA von Nöten, um den jeweils geeigneten 5D-Workflow und die eigenen digitalen Schnittstellen für alle Bearbeiter transparent über die Planungsphasen hinweg zu definieren.
Dies ist Voraussetzung für den nachfolgenden Schritt in Richtung Automatisierung der 5D-Kostenermittlung, mit deren Hilfe die automatische Verknüpfung definierter Bauteile mit zugehörigen Teilleistungen erfolgen kann.
Der Einstieg in 5D-BIM
Wie bei allen BIM-Anwendungsfällen gilt es auch für die 5D-BIM-Kostenermittlung die eigenen Ziele zu definieren, welche man mit dem Einsatz von 5D-BIM erreichen möchte. Dabei sollte darauf verzichtet werden, den Einstieg direkt mit einem 5D-Kostenanschlag zu starten. Hierfür sind die Anforderungen an die Modellqualität und -detaillierung so hoch, dass mir noch kein Bauplaner auf Anhieb einen hinreichenden Modellierungsstandard als Arbeitsgrundlage für die 5D-Umsetzung liefern konnte.
Stattdessen empfiehlt sich der Einstieg in eine 5D-Kostenschätzung (oder Kostenberechnung), bei der selbst mit geringeren Detailgraden der zugehörigen Leistungsphasen deutlich präzisere Kostenermittlungen möglich sind, als über die reine Quantifizierung der Kostengruppenstufen nach DIN 276 anhand von Kennwerten.
Da neben der 5D-Kostenermittlung jederzeit die Ergänzung mit klassischen Mengen- und Kostenermittlungsverfahren möglich ist, gelingt der Einstieg in die BIM-Anwendung für die AVA in diesen Phasen zudem einfach und sicher. Es gelingt selbst wenn mal die eine oder andere 5D-Bemusterung nicht gewünschte Ergebnisse liefert. Der Fall kann auftreten, wenn ein Bauteil:
- falsch modelliert
- falsch bemustert
- oder generell nicht/schwer modellbasiert auswertbar ist (Baustelleneinrichtung)
In diesem Fall ist die Ergänzung eines klassischen Aufmaß-Ansatz an die modellbasierte Mengenermittlung möglich, sofern der Fehler nicht im CAD-Werkzeug korrigiert werden kann.
In jedem Fall gilt es, sich vorab bei den entsprechenden Softwareanbietern zu informieren, um das am besten geeignete 5D-Softwarewerkzeug (oder 5D-Modul eines bereits im Einsatz befindlichen AVA-Werkzeugs) für die eigenen Anforderungen auszuwählen. Hier bestehen durchaus relevante Unterschiede in den Funktionsweisen der Softwarelösungen, deren jeweilige Vor- und Nachteile für die eigenen 5D-BIM-Ziele abzuwägen sind.
Um dafür mehr Klarheit zu schaffen, werde ich das Thema Software in einem weiteren Beitrag nochmal genauer beleuchten.
Arndt Fiebig
Arndt hat spätestens seit seiner Masterarbeit Blut für das Thema BIM vor allem in der digitalen Mengenermittlung geleckt. Dabei wird er nicht müde, den kleinen und großen Herausforderungen in der Nutzung von Software und Prozessen zu begegnen und akkurat Lösungsideen zu entwickeln. Vor allem der Biss und die Liebe zum Detail mit der er in diese Themen hineingeht, zeichnen ihn aus und machen ihn zu einem echten Experten auf dem Gebiet.
Arndt arbeitet bei der S&P Gruppe daran, den AVA- und Kostenprozess immer weiter zu digitalisieren. Sein ständiger Begleiter, der Heavy Metal. Privat beschäftigt er sich mit dem ganz physischen Hausbau und hat immer Zeit und ein offenes Ohr für das ein oder andere Schrauberthema.
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