Im ersten Teil dieses Beitrages (Link) habe ich intensiv die CAD-seitigen Kostenbemusterungen mit DBD-BIM beleuchtet.

In diesem Beitrag folgen nun die Softwarelösungen OrcaAVA (Orca) und California.Pro (G&W).

Orca AVA im 5D BIM-Einsatz

Die 5D Bearbeitung und Bemusterung in ORCA

ORCA AVA setzt auf eine Verknüpfung von Bauteilmengen und Teilleistungen der Kostenermittlung über den Mengen-Reiter (also das Aufmaß der Positionen). Es bedient sich seit der aktuellen Version 25 der zusätzlichen Funktion von Mengenfiltern, um sowohl die Auswahlautomatisierung als auch die nachträgliche Aktualisierung von bauteilbasierten Mengen zu ermöglichen.

Die Bemusterung der Positionen mit Mengen aus dem IFC-Modell erfolgt durch Start der IFC-Mengenübernahme aus dem Bearbeitungsfenster einer Teilleistung heraus.

Dabei ist es egal, welchem Projektgliederungspunkt die Teilleistung angehört, die Bemusterung ist in allen positionstragenden Gliederungspunkten möglich, wobei auch die Weitergabe vorgelagerter Kostenermittlungen an spätere bereitsteht. Im Sinne der 5D-Bearbeitung ist das die Weitergabe von „Bauelemente“ an die „Gewerkeschätzung“ und nachfolgend an die „Leistungsverzeichnisse“. So können (5D-)Kostenermittlungen projektphasenweise vertieft werden, ohne die Kostenermittlung in jeder Phase komplett neu aufzubauen.

Im IFC-Mengenübernahme-Fenster selbst steht die Modelldarstellung mit allen Bauteileigenschaften und die zur Übernahme verfügbaren Bauteilgeometrien bereit.

Mittels der Übernahme-Reiter am linken Fensterrand lassen sich komfortabel die gewünschten Maße zur Übernahme in die aktuelle Teilleistung nach Kategorie auswählen. Hier stehen die Reiter „Gebäudegeometrie“, „Raumgeometrie“, „Fenster und Türen“, „Bauteile – Stück“ sowie „Bauteile – CAD-Maße“ zur Auswahl. Nach Auswahl des gewünschten Reiters kann im Objektbaum per Hand oder durch Bilden von Filtern (per Rechtsklick auf Bauteile und Maße) die passende Auswahl zur Mengenübernahme getroffen werden. Im folgenden Beispiel habe ich einen Filter mit den Kriterien „Wände > Kalksandstein > Wandfläche (VOB)“ gebildet, um von ORCA automatisch die zugehörigen Auswandflächen aller betreffender Wände suchen zu lassen.

Der Filter erleichtert somit die Auswahl benötigter Bauteile und deren Mengen sowie die spätere Aktualisierung (im Falle einer Planungsänderung) und bedingt als einzigen Nachteil, dass eine Einzelmaßübernahme (Generierung von Mengenzeilen pro Bauteil) dann nicht mehr möglich ist. Jedoch besteht selbst nach Nutzung eines Filters die Option diesen „nicht mitzunehmen“, wodurch man jederzeit die gewünschte Übernahmeform für die Mengen aus dem Modell variabel steuern kann.

Per Hinzufügen oder im Falle bereits vorhandener Übernahme auch Ersetzen werden die Mengen an das Aufmaß der vorab gewählten Teilleistung übergeben.

Der bzw. die Mengenansätze (je nach Übernahme) erscheinen dann als Mengenzeile an Teilleistung und werden zur Positionsmenge kumuliert. ORCA kennzeichnet dabei immer alle Mengenzeilen, die einem IFC-Modell entstammen mit dem IFC-Symbol an der Mengenzeile. Per Filter bezogene Mengenzeilen erhalten zusätzlich das Filtersymbol neben dem IFC-Symbol.

Im oben gezeigten Beispiel wird zudem an der „Bemerkung“-Spalte sichtbar, dass ich entgegen meines vorherigen Beispiels die Bauteilmengen meiner Kalksandsteinwände einzeln und auch mit unterschiedlichen Grundmaßen aus meinem Modell übernommen habe, um die manuelle Mengenflexibilität an dieser Stelle über die Automatisierung meiner 5D-Bearbeitung zu stellen. Dem gegenüber steht der Nachteil, dass die automatische Mengenaktualisierung auf Basis eines mitübergebenen Filters nachfolgend nicht nutzbar ist.

Da ich in meinem Beispiel die 5D-Kostenschätzung im Planungsbereich „Bauelemente“ erstellt habe, könnte für die nachfolgende 5D-Kostenberechnung die „Auto-LV“-Funktion genutzt werden, um die bereits angelegten Teilleistungen mit ihren Mengenbezügen zum Modell an die „Gewerkeschätzung“ zu übergeben.

Darin lassen sich alle Mengen, die unter Nutzung eines Filters am Modell ermittelt worden sind, erneut über die automatische Aktualisierungsfunktion und auf Basis eines weiter fortgeschrittenen Planungsstandes aktualisieren. Dazu müssen lediglich die Mengenansätze aus dem „Bauelemente“-Modul mit in die „Gewerkeschätzung übergeben“ werden.

Neu hinzukommende Teilleistungen werden anschließend ergänzt und ebenfalls per Modell oder manuell mit ihren jeweiligen Mengen versehen.

Da es sich bei dem Modul „Gewerkeschätzung“ zudem bereits um ein LV-Modul handelt, können von dort bereits Exporte in das GAEB-Format durchgeführt oder die Positionen bzw. Gewerke-LVs direkt an das/die Ausschreibungs-Leistungsverzeichnisse übergeben werden.

Dazu erstellt man z.B. einfach die benötigte Los-Struktur im Modul „Leistungsverzeichnisse“ und kopiert nachfolgend per drag & drop die zugehörigen Positionen aus der „Gewerkeschätzung“. Auch dabei sind natürlich beliebige Anpassungen und Ergänzungen, zu den bereits vorhandenen Positionen möglich.

Ab hier schließt sich in den meisten Fällen vermutlich die klassische AVA-Bearbeitung an, welche im Sinne der 5D-BIM-Bearbeitung um die Möglichkeit ergänzt wird, Datenexporte für die Ausschreibung auch als BIM-LV-Container im MMC-Format durchzuführen. Über dieses lassen sich die 5D-Kostenermittlung zusammen mit Modell und LVs kombiniert exportieren, um Richtung Bauherr die eigene Mengen-/Kostenermittlung zu plausibilisieren oder auch Bieter mit derselben Informationsbasis (natürlich abzüglich der Anschlagspreise) auszustatten.

Die 5D Bearbeitung mit DBD-BIM-bemustertem Modell in ORCA AVA

Über den eben angesprochenen BIM-LV-Container gibt ORCA zudem nicht nur 5D-Bemusterungen mit ihren Leistungen aus, sondern liest diese auch auf demselben Weg ein.

Die Übernahme eines BIM-LV-Containers zur Kostenplanung in ORCA ist durch die Notwendigkeit der Auflösung des GAEB-Bezugs auf die Module „Gewerkeschätzung“ und „Leistungsverzeichnisse“ begrenzt. Darin lässt sich über die „Import“-Funktion der jeweilige Container einlesen und ORCA erstellt automatisch die enthaltenen Positionen und verknüpft diese mit den zugehörigen Bauteilen im IFC-Modell.

Nach dem Import können die geladenen IFC-Bezüge wie bei der ORCA-seitigen Bemusterung auch eingesehen und im Bedarfsfall nachbearbeitet werden. Zur Unterscheidung von ORCA-intern und aus BIM-LV-Containern geladenen Bemusterungen sind die zugehörigen Mengenzeilen mit unterschiedlichen Verknüpfungssymbolen und zugehöriger Quick-info ausgestattet. Im Falle von Verknüpfung aus BIM-LV-Container zeigt ORCA folgende Info einschließlich der Bezugs-ID für die Verknüpfung im hellgelben Infofeld an.

Die anschließende Bearbeitung erfolgt ebenso, wie bei rein ORCA-interner 5D-Bearbeitung einschließlich dem Ergänzen nicht modellbezogener Leistungen.

California.Pro im 5D BIM-Einsatz

Die 5D Bearbeitung und Bemusterung in California.Pro

California.Pro nutzt zur Integration der modellbasierten Kostenermittlung das Aufsatzmodul BIM2AVA. Über dieses werden Modelle im IFC-Format eingelesen und in das klassische Modul „Raum- und Gebäudebuch“, also die Kostenermittlung von California, verknüpft.

Im besagten Modul (kurz: RGB) werden die Bauteile tabellarisch nach Bauteiltyp (Bauteilvariante) aufgeschlüsselt und, dort wo möglich, über vordefinierte Importparameter zusätzlich definiert, indem bestimmte Eigenschaften des IFC-Modells zur Variantenbestimmung von Bauteilen im RGB übernommen werden. Dies erfolgt über die Variantenparameter, welche neben den mitgelieferten Grundvorlagen auch voll anpassbar und erweiterbar sind.

Im selben Zuge bildet California die relevanten Maße der Bauteile durch Kalkulation der Extrusionsgeometrie aus dem IFC-Modell und belegt die zugehörigen Bauteilparameter mit den ermittelte Mengenansätzen.

Die folgende Darstellung zeigt die zugrundeliegenden Definitionsfenster für Variantendefinition, Bauteilparameter und Aufmaßansatz zur automatischen Selektion des geläufigsten Aufmaßes pro Bauteiltyp. (z.B. Fläche für Decken oder Stück für Fenster) Sofern der eigene Modellstandard an dieser Stelle passend zu den Parameterdefinitionen in California ist, müssen daran aber keine Anpassungen vorgenommen werden.

Zur Bemusterung der Bauteile des Modells mit zugehörigen Leistungen und Kosten stehen anschließend verschiedene Bemusterungsebenen zur Auswahl. Die Bauteile in der RGB-Tabelle selbst stellen darin zunächst die gröbste verfügbare Bemusterungsebene dar und repräsentieren somit klassische Kostenelemente ergänzt um den 5D-Modellbezug.

Aus diesem Grund können die nicht modellgebundenen Kostenelemente, wie z.B. die Baustelleneinrichtung, auf Ebene des RGB neben den modellseitigen Bauteilen u.a. aus den DBD-Kostenelementen ergänzt werden. (siehe die aus dem DBD-KE-Katalog über der EG-Zeile eingepflegte Baustelleinrichtung)

Für eine detailliertere Kostenermittlung würde man aber natürlich die Mengen und Teilleistungen pro Bauteilschicht bemustern. Dies ist in California.Pro für eine einzelne Bauteilschicht, oder für eine ganze Bauteilschichtvariante (also alle Schichten eines Typs) möglich. In beiden Fällen kann wahlweise frei Hand, aus einem eigenen Positionskatalog oder erneut mit externen Katalogen wie DBD oder STLB-Bau bemustert werden.

Durch die Bemusterung gleicher Elemente mit Hilfe der Bauteilvariantenübertragung ist auch bei großen Modellen eine effiziente Bemusterung möglich. So habe ich nachfolgend lediglich die Bauteilvariante meiner Stahlbetonattikawände einmalig bemustert und anschließend per Übertragungsfunktion auf alle vier Wände applizieren lassen, ohne die vier gleichen Wände einzeln bemustern zu müssen.

Alle Teilleistungen im RGB können für die spätere Ausschreibung nahtlos an LVs übergeben werden, wobei verschiedene Kriterien für die Generierung des bzw. der LVs zur Auswahl stehen. Die Beziehung zwischen Teilleistungen und ihren zugehörigen Bauteilen bleibt dabei erhalten und kann jederzeit aus dem LV heraus abgerufen werden. Siehe dazu die folgende Darstellung, mit der Außenputzposition im LV, den zugehörigen Gesamtwänden im RGB und der Modelldarstellung im BIM2AVA zusammen.

In diesem Zustand ist die 5D-basierte Kostenermittlung mit California abgeschlossen und die erstellten LVs können für die Ausschreibung vorbereitet werden.

Die 5D Bearbeitung mit DBD-BIM-bemustertem Modell in California.Pro

Das direkte Importieren von vorbemusterten Modellen ermöglicht California über den Import als BIM-LV-Container im standardisierten MMC-Format. Der Import erfolgt wie bei unbemusterten IFC-Modellen im RGB.

Da California an dieser Stelle streng nach dem Kostenelementansatz von DBD-BIM arbeitet ist der schichtweise Import von Modellen dabei nicht mehr möglich. Im Gegenzug dafür erhält man die sofortige Auflösung der DBD-Bemusterung zu Kostenelementen in California und die vollautomatische Verknüpfung auf zugehörige LVs und Teilleistungen, welche beim Import ebenfalls automatisch erzeugt werden, sodass man gemäß dem Ansatz der Vorbemusterung quasi direkt in die endgültige LV-Aufbereitung starten kann.

Im Screenshot unten sind das generierte bemusterte RGB, das zugehörige LV und das BIM2AVA-Fenster mit der Visualisierung der Bauteile zu sehen.

Obwohl an dieser Stelle (je nach importierter Bemusterung) bereits alle 5D-Arbeschritte vollständig sein sollten, kann natürlich weiterhin auf allen enthaltenen Arbeitsebenen beliebig geändert und ergänzt werden, um letztlich das gewünschte Ergebnis für Kostenermittlung und Leistungsverzeichnisse zu erhalten.

Arndt Fiebig

Arndt hat spätestens seit seiner Masterarbeit Blut für das Thema BIM vor allem in der digitalen Mengenermittlung geleckt. Dabei wird er nicht müde, den kleinen und großen Herausforderungen in der Nutzung von Software und Prozessen zu begegnen und akkurat Lösungsideen zu entwickeln. Vor allem der Biss und die Liebe zum Detail mit der er in diese Themen hineingeht, zeichnen ihn aus und machen ihn zu einem echten Experten auf dem Gebiet.
Arndt arbeitet bei der S&P Gruppe daran, den AVA- und Kostenprozess immer weiter zu digitalisieren. Sein ständiger Begleiter, der Heavy Metal. Privat beschäftigt er sich mit dem ganz physischen Hausbau und hat immer Zeit und ein offenes Ohr für das ein oder andere Schrauberthema.

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