Den Kollegen aus der Elektroplanung ist die Problematik sicher hinreichend bekannt: Trassenplanung in 3D ist schön und gut, aber wie bekomme ich die modellbasierte Berechnung hin? Wo es für die HLS-Gewerke schon seit Jahrzehnten eine Vielzahl passender Softwarelösungen gibt, ist die Auswahl für die Elektroplanung, gelinde gesagt, eingeschränkt. Meine Erfahrungen sowie die Berichte meiner Elektrokollegen sollen im Folgenden einen Überblick geben.
Nur Konstruktion oder auch Berechnung?
Als ich mit meiner Anstellung als BIM-Koordinatorin für die Gebäudetechnik anfing, war ich zunächst über den Arbeitsalltag der Elektrokollegen überrascht. Während die HLS-Planer wie selbstverständlich Rohrleitungen CAD-gestützt berechneten, nutzten die Elektrokollegen Excel-Tabellen und Mini-Tools für die Berechnung. Die Elektrotrassen wurden dann „unintelligent“, also ohne Verknüpfung zur Berechnung im CAD gezeichnet. Bei Bedarf an 3D-Modellen übernahm ein HLS-Konstrukteur die Aufgabe der Konstruktion der Trassen in der eigenen Planungssoftware. Man kann sich denken, zu welchen Schwierigkeiten das in den Projekten führte (Missverständnisse zwischen Planer / Konstrukteur, veraltete Modellstände, keiner fühlt sich zuständig etc.). Da muss eine Lösung her, dachten wir uns, und warfen einen Blick auf das Marktangebot für BIM-Softwarelösungen in der Elektrotechnik.
Mehr Schein als Sein
Viele Hersteller werben zwar damit, auch die Elektroplanung abzudecken, aber wenn man dann etwas tiefer bohrt, sind die Funktionen sehr eingeschränkt. Die bei uns für die HLS-Planung eingesetzte Plancal Nova hat zwar ein Elektro-Modul, aber wir vermissten Funktionen zur Massenermittlung, Listengenerierung und Erstellung von Schemen. Auch die Erweiterung der Symbolbibliothek war nur eingeschränkt möglich. Bei der Recherche vielen aus ähnlichen Gründen auch einige Hersteller durch das Raster und wir entschieden uns für einen Testlauf mit Alpi Caneco.
Hinweis: Bei den Softwarelösungen für die TGA-Planung sind grundlegend zwei Arten zu unterschieden. Modellierungssoftware mit integrierten Berechnungsmodulen (z.B. Plancal Nova) oder Modellierungssoftware mit gesonderten Berechnungsaufsätzen anderer Hersteller (z.B. Revit + liNear).
Workflow Revit und der Alpi Produktfamilie
Zum Testzeitpunkt im Februar 2020 gestaltete sich der IFC-Import wie folgt:
- Einlesen des IFC-Gebäudemodells aus ArchiCADArchicad in Revit
- Konvertierung der IFC zu BIMelec in Revit / CanecoBIM
- Export der BIMelec-Datei
- Einlesen der BIMelec-Datei in AutoCAD / Caneco Implantation
Schon ein erster Blick auf diesen Arbeitsablauf lässt erkennen, dass man hier neben der IFC mit einem weiteren Transferformat arbeiten muss, um die Daten in die Planungssoftware Caneco Implantation zu übertragen. Selbst wenn die Architekten auch im Revit arbeiten, ist dieser Prozess von einer „automatischen“ Datenübernahme weit entfernt. Nicht zuletzt mussten bei einem IFC-Export der Elektrotrassen gleiche Schritte wieder rückwärts abgewickelt werden.
Die Grundrissplanung in Caneco Implantation ist jedoch Voraussetzung für die automatische Berechnung der Kabel und Dimensionierung der Kabeltrassen. Um einen Grundriss aus dem 3D-Modell der Architekten zu bekommen, erstellt man mithilfe des Revit Plugins „Caneco BIM“ aus dem Revit heraus eine BIMelec Datei. Zur Übernahme der Architektur-Räume müssen aber zuerst im Revit die MEP-Räume angelegt werden (Revit-Nutzern dürfte diese Thematik wohl bekannt sein). Schon beim Export der BIMelec-Datei kam es zu Fehlermeldungen wegen nicht gefundener Raumkonturen und nicht interpretierbaren Architekturobjekten.
Nach dem Öffnen der BIMelec Datei in Caneco Implantation war das Koordinatiensystem verdreht und die Raumhöhen der MEP Räume teilweise nicht korrekt. Raumbezeichnungen aus der BIMelec konnten nicht übernommen werden und mussten händisch im Caneco nachgepflegt werden. Die dadurch entstandenen doppelten Raumstempel führten zu Unübersichtlichkeit und erschwerter Bearbeitung.
Da jeder Transfer die Fehleranfälligkeit im Datenübergabeprozess erhöht, versuchten wir Revit zu umgehen und die IFC der Architekten direkt in Caneco als Aufsatz für AutoCAD MEP einzulesen. Dadurch wurde zwar der Übergabeprozess vereinfacht, allerdings führte die Darstellung der 3D-Objekte die Software schnell an ihre Leistungsgrenzen. Mit eingeblendetem Gebäudemodell und Trassenführung musste man als Bearbeiter mehrere Minuten auf die Regenerierung der Ansicht warten.
Wie geht es nun weiter?
Nach einem halben Jahr Testzeitraum und der Ansage des AutoCAD Supports, dass diese Software nicht „für die 3D-Planung weiterentwickelt wird“, stellten wir unsere Bestrebungen vorerst ein.
Für manche Planungsbüros, die Revit als „Insellösung“ nutzen, mag der Workflow von Alpi geeignet sein. Sicher haben sich seit unserem Test auch die Produkte von Alpi weiterentwickelt, unsere Firma wird vorerst nicht zum neuen Kundenstamm werden. Offen blieb die Frage, ob es doch weniger aufwendig ist, wieder zur getrennten Konstruktion und Berechnung im Elektro-Gewerk zurückzukehren.
Ende 2020 berichtete ein neu eingestellter Elektro-Planer begeistert von der Software LVZ ElektroCAD. Die kleine Softwarefirma aus Döbeln bietet einen Elektroplanungsaufsatz für BricsCAD. Die umfangreichen Funktionen überzeugten die Kollegen aus der Elektroplanung und auch ich war nach dem ersten Test mit den IFC Im- und Exportmöglichkeiten zufrieden. Die Entdeckung verspricht vielversprechend zu sein. Wir sind gespannt, wie sich die Software aus der Region in unseren BIM-Projekten bewährt.
Insgesamt gibt es aus unserer Sicht noch „Luft nach oben“ in der OpenBIM-Elektroplanung, um im Austauschprozess flüssiger ans Ziel zu kommen. Daher die Frage an die externen Kollegen vom Fach: Habt ihr einen guten Workflow für die BIM-Elektroplanung gefunden? Ich bin gespannt auf eure Kommentare.
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11 Comments
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Guten Tag Frau Bendrien,
vielen Dank für Ihren spannenden Erfahrungsbericht. Haben Sie bereits Erfahrungen mit DDS-CAD gesammelt? Wenn „nein“ können Sie mich bei Interesse gern kontaktieren, denn ich denke DDS-CAD kann für Sie ein sehr gutes Produkt für die Elektroplanung sein. Wenn „ja“ bin ich gespannt wie ihr Urteil ausfällt.
Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Freundliche Grüße
Sebastian Schmidt
Hallo Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihren Beitrag, tatsächlich haben wir noch keine Erfahrung mit DDS-CAD gesammelt. Für die Software-Recherche war ein Kollege aus der Elektroplanung zuständig, der damals Alpi als das vielversprechendste Produkt für den Test ausgewählt hat. Warum DDS-CAD zu dem Zeitpunkt nicht in Frage gekommen ist, lässt sich leider nicht mehr nachvollziehen.
Grundsätzlich finde ich aber die neueste Entwicklung der Fusionierung von DDS-CAD mit Gaphisoft sehr interessant. Vielleicht ergeben sich hier noch spannende Möglichkeiten zur besseren Zusammenarbeit zwischen TGA und Architektur.
Ich wünsche Ihnen auch noch einen guten Start in das neue Jahr.
Susanne Bendrien
Wir hatten DDS bei uns. Haben es aber eingestellt und sind auf Revit umgestiegen.
DDS war bei uns sehr schnell am Ende und Änderungen sind nur mit erheblichen Aufwand möglich.
Wir sind ebenfalls auf der Suche nache einem Elektroaufsatz für Revit. Von Alpi nutzen wir nur noch BT.
Und hoffen das mit der 2021 Lizens ein direktes Arbeiten in Revit möglich ist.
Gruß
T. Schmidt
Hallo Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht. So hat nun einmal jede Software ihre Vor- und Nachteile.
Mich würden dann auch sehr Ihre Erfahrungen mit der neuen Lizenz interessieren, dazu können Sie mich auch direkt über mail@bimhelden.de kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Susanne Bendrien
Wie werden die IFC Klassifierungen der Elektrokomponenten gemacht?
sind die in IFC 4 oder 5 schon fest?
was wird aus den ZVEH oder eClass und Konsorten? werden die zu ifc ?
Ähnlich ist es mit den Leuchten: wobei Relux&Dialux sich geeinigt haben auf ein neues Format, aber ist es ifc konform?
Die AVA Programme können mittlerweile alle die ifc-schemata ‚parsen‘ (importieren).
Die Elektrotechnik braucht sowas wie ein KiCAD der Elektroniker.. die Welt braucht Informatiker.
openBIM kann man unter osarch.org verfolgen. Sehr spannend, aber die ELT ist da noch im niemandsland.
Hallo Herr Alberts,
Danke für Ihr Kommentar mit vielen spannenden Fragen. Die IFC-Klassifizierung der verschiedenen Gewerke wird in den Gremien von buildingSmart festgelegt. IFC 4 ist bereits Standard, IFC 5 noch in Entwicklung.
Verschiedene bereits existierende Datenformate und Klassifikationssysteme werden meiner Ansicht nach weiter bestehen bleiben, aber es wird entsprechende Übersetzungen (Mapping) für das IFC-Format geben.
Dialux bedient meines Wissens nach den IFC-Export und Import, allerdings ist diese Funktionalität nach wie vor nicht von buildingSmart zertifiziert. Somit kann man auch keine gesicherte Aussage über die Qualität treffen. Zertifizierte Software kann man auf folgender Liste einsehen: https://www.buildingsmart.org/compliance/software-certification/certified-software/
Definitiv braucht es mehr Bauinformatiker, aber auch mehr Interesse aus der Branche, das Thema des offenen Datenaustausches voran zu treiben!
Guten Abend Frau Bendrien,
ihren Bericht war sehr informativ.
Ich selbst bin als Elektrofachplaner in der TGA tätig für ein größeres Ing.Büro und schreibe parallel an meiner Masterthesis (Thema kurzgefasst : Steigerung der Effizienz in der elektrischen TGAPlanung durch den Einsatz von BIM).
Bestehe die Möglichkeit den Kontakt zu einem ihrer Elektrofachplaner aufzubauen, welcher bereits Erfahrung in der elektrischen TGA Planung mit BIM hat ?
Über das Herstellen eines Kontaktes wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Für jegliche Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
ihre Berichte sind sehr informativ *
Vielen Dank für die bisherigen Veröffentlichungen.
Hallo A.K,
wie weit sind Sie bei Ihrer Masterthesis. Gibt es hier eventuell noch Bedarf eines Erfahrungsaustauschs?
Hallo Frau Bendrien,
hat sich zwischenzeitlich die Software LVZ bei Ihnen irgendwie bewehrt? Derzeit sehen wir noch keine brauchbare
BIM Lösung für Elektro auf dem Markt. ALPI hat die oben beschriebenen Schwierigkeiten, DDS geht einen komplett eigenen
Weg, PlanCALNova schlicht für Elektro im BIM Bereich unbrauchbar, ebenso wie Pit. Revit mit Auxalia funktioniert ansatz-
weise aber ist keine vollumfängliche Lösung. MagicCAD entwickelt sich, steckt aber wohl noch in den Kinderschuhen bzw. es ist viel Handarbeit nötig bis es effektiv genutzt werden kann. Ein sehr teures aber sehr gutes vollumfänlgiches Produkt für Autocad im Elektrobereich ist ElektraSoft. Hier ist wohl 2024 eine Revit-Variante geplant. Aber die war auch schon für 2023 angekündigt. Aber wenn das was in Autocad umgesetzt wird dann auch in Revit funktiioniert ohne Umformartierungen wie bei ALPI sicherlich wohl vielversprechend.
LVZ setzt auf BricsCAD BIM. BricsCAD im eine gute Alternative für CAD. Habe ich selbst im Einsatz. Funktioniert es beo Ihnen auch für BIM oder nutzen SIe derzeit Revit mit „Hilfsaufsetzen“ wie Auxalia (Schnittstelle zu BT von ALPI) oder BEEL-Produkten ?
(Bin gespannt war deren elkoBIM können wird)
Über ein Feedback würde ich mich freuen.
Hallo Herr Vlasak,
vielen Dank für Ihr Kommentar. Wir haben jetzt zwar LVZ schon für mehrere große BIM-Projekte im Einsatz, sind allerdings funktioniert das nur mittelmäßig. Es kommt auf die geforderten BIM-Anwendungsfälle an. Wenn es nur darum geht Modelle auf Kollisionen zu prüfen und sich das Elektro-Modell als Referenz einzuladen, funktioniert LVZ (BricsCAD) gut und die Planer sind mit den Funktionalitäten zufrieden. Allerdings gibt es erhebliche Schwierigkeiten bei der IFC-Struktur (z.B. keine IFC-Geschosse, wechselnde GUIDs, Eigenschafssätze…). Hier müssen wir die IFCs aufwändig in SimpleBIM nachbearbeiten.
Ich werde mir vornehmen, demnächst auch nochmal einen Artikel zu dem Thema zu verfassen, um die Probleme genauer zu beschreiben. Grundsätzlich teile ich Ihre Meinung, das es aktuell am Markt keine zufriedenstellende BIM-Software für Elektro gibt. Das von Ihnen erwähnte ElektraSoft klingt interessant. Wir hatten überlegt noch einmal Revit Alpi zu testen, weil es dort wohl erhebliche Verbesserungen gibt (genaueres weiß ich allerdings auch nicht).
Ich freue mich über weiteren Austausch zu diesem Thema.
Mit freundlichen Grüßen,
Susanne Bendrien