In diesem Artikel möchte ich gerne über das Thema VR berichten. Ich selbst bin sehr interessiert an dem Thema und habe lange Zeit auch privat eine VR Brille besessen, zudem haben wir diese auch schon in einigen Projekten angewendet. Durchgesetzt hat sich die Technologie bei uns im Unternehmen aber aktuell nur partiell. Daher möchte ich gern über meine Erfahrungen schreiben und auch alle Leser einladen, ihre Erfahrungen in die Kommentare zu schreiben.

 

Wir haben 2018 begonnen die ersten Modelle für den internen VR Gebrauch aufzubereiten. Dazu haben wir anfangs die Software Iris Prospect (sehr Revit-nah) und später Twinmotion (eigentlich eine Visualisierungssoftware) verwendet. Der Fokus liegt bei uns im Unternehmen vor allem in der Darstellung des architektonischen Entwurfes. Haustechnische Lösungen wurden hingegen nur testweise, aber nie für den Projektgebrauch, angewendet. Die Entscheidung ist gefallen, weil schon in den Testläufen die meisten Anwender den Nutzen für Projekte als zu gering eingeschätzt haben. Auch die Darstellung schwieriger Einbausituationen ist in reiner 3D-Darstellung am Bildschirm bereits so plastisch, dass VR gar nicht notwendig wurde. Wofür wir begeistern konnten, war die Schulungssituation. Gerade Neulingen in dem Bereich konnte auf diese Weise durchaus komplexe Zusammenhänge begreifbar gemacht werden. Aufgrund des Erstellungsaufwands wurde aber auch das erstmal nicht weiterverfolgt.

Bauherren. Dabei ist die VR-Darstellung sowohl ein cooles Gimmick, als auch eine Hilfe, um Entscheidungen herbeizuführen. So haben wir in 2 Projekten die Varianten der Fassadengestaltung auf diese Weise abgestimmt. Dazu wurde im ersten Projekt ein Zwischenstand ins Twinmotion geladen und dort mit Texturen und Zusatzobjekten verschiedene Fassadenabschnitte erstellt und als Gesamtmodell ausgeladen. Dieses wurde dann mit dem Bauherrn in VR angesehen und verschieden Tageszeiten gezeigt. Auf diese Weise wurden dem Bauherrn ein guter Eindruck des Entwurfs vermittelt und die Entscheidung sehr schnell herbeigeführt. Die Identifikation mit dem Entwurf ist so auch gestiegen, da der obligatorische kurze Gang durchs Gebäude auch nochmal eine neue Perspektive eröffnet.

Im zweiten Projekt wurde das Thema VR ganz ähnlich angegangen, aber hier mit dem Fokus auf die Beleuchtungskonzepte. Dazu wurden im Twinmotion verschiedene Beleuchtungen angebracht und eingestellt. Anschließend wurden diese dem Bauherrn im VR präsentiert und verschiedene Standpunkte virtuell besucht. Auch hier wurde so die Entscheidungsfindung beschleunigt, auch wenn dem Bauherrn natürlich die polierten Ansichten ganz ohne nächtlichen Verkehr und Straßenbeleuchtungen aufgefallen waren. Begeistert war er trotzdem.

Beide Projekte waren in ihrem Ziel der Mitnahme des Bauherrn erfolgreich und haben vor allem mit wenig Aufwand zum Ziel geführt. Gerade das ist auch an der Stelle das Thema, denn der Einsatz ist zumindest bei uns primär auf dem unterstützenden Projekteinsatz ausgelegt. Konkret wird die Erstellung eines VR-Modells nicht als Leistung angeboten. Vor allem, da dann der Aufwand auch deutlich höher werden würde, denn gerade in frühen Phasen sind Hochbaumodelle nicht fehlerfrei und komplizierte Ecken werden auch berechtigterweise vereinfacht. All diese müssten dann entweder ausgeräumt oder abgegrenzt werden, was im Aufwand nicht zu unterschätzen ist.

Leider hat vor allem Corona unseren VR-Einsatz getrübt. Denn wenn wir VR präsentiert haben, dann immer gemeinsam vor Ort und mit Erklärung und für mehrere Personen. Das kam dann durchaus auch gut an. All das ist seit 2 Jahren aber nur bedingt möglich. Remote wäre zwar eine Möglichkeit, da aber selten ein Bauherr dafür technisch ausgerüstet ist, entfällt diese Option. Das reine Übergeben des Entwurfs als begehbare Datei ist eine weitere Möglichkeit, wird dann aber meist nicht VR betrachtet bzw. muss aufgrund der fehlenden Einflussmöglichkeit vor Ort sehr stark poliert werden (Aufwand).

Ich habe euch auch nochmal 2 Beispielpanoramen eines Projektes von uns hochgeladen.
Diese sind zwar keine VR Modelle sondern 360°-Panoramabilder, können aber zum Beispiel ganz einfach über das VR Symbol auf einem Handy (Mit VR-Überzug) oder einem angeschlossenen VR-Headset angeschaut werden.
Natürlich geht es auch ohne, wer will kann sich das aber gern mal anschauen.

Abschließend lässt sich sagen, dass für unsere Anwendungen VR durchaus eine gute Möglichkeit ist, um ein tieferes Verständnis für den Entwurf gerade bei Bauherren hervorzurufen. Einzig die vorzubereitende Technik ist immer ein Thema und man muss wissen, was man will. Gerade freies Bewegen sollte man gut vorbereiten, damit man nicht auf ungewollte Ecken stößt. Der große Wurf ist VR meiner Erfahrung nach trotzdem (noch) nicht. Aufgrund der aktuellen Brillen, die alle noch recht unhandlich sind und dem Problem, dass schon eine polierte 3D-Darstellung auf dem Bildschirm einen sehr guten Effekt hat, ist VR aktuell eher ein untergeordnetes Thema. Das Potential und die Möglichkeiten sind aber schon jetzt da und ich kann jedem Empfehlen sich das Thema anzuschauen.

Wenn nicht im Baukontext, dann lohnt sich auf jeden Fall ein Abstecher in eine lokale VR Einrichtung, um die Technik auch im spielerischen Kontext zu erleben. Das war bisher – egal für wen – immer ein Erlebnis. Wenn ihr auch Erlebnisse mit VR sammeln konntet, schreibt das gern in die Kommentare. Es wird bestimmt nochmal einen Beitrag dazu geben.

PS: Wir haben im Unternehmen die Oculus Rift S im Einsatz. Leider ist diese sehr störanfällig, sodass ich auch schon vor dem Bauherrn mit kaputter Brille stand. Trotzdem ist diese Brille aufgrund des Preises kein schlechtes Einstiegsmodell. Natürlich nur, wenn man von der Facebook-Bindung absehen kann.