Wie jedes Jahr wurden auch 2021 neue Programmversionen von den Software-Riesen Graphisoft und Autodesk veröffentlicht. Mit Archicad 25 und Revit 2022 durften die Anwender auf mal mehr oder weniger bahnbrechende Neuerungen gespannt sein. In diesem Beitrag möchten wir auf Basis unserer täglichen Projektarbeit eine kurze aber ehrliche Einschätzung zu den angepriesenen Neuheiten geben. Dafür haben sich unsere BIM Helden Janine und Christian mal in die Spur begeben.
Archicad 25 Neuerungen
Feature
Bewertung der BIM Helden
Hallelujah!
Räume sind im Schnitt zu sehen. Das wird vor allem Brandschützer für das Brandschutzmodell freuen, da jetzt farbliche Hervorhebungen mit weniger Aufwand und BIM-orientiert einheitlich zum Grundriss möglich sind.
Hinweis: Bei hochgeführten Dateien muss die Funktion sehr verborgen unter > Option >Projektpräferenz > Altsystem aktiviert werden. Eine Abfrage oder ein Hinweisfeld nach dem erstmaligen Öffnen wäre wünschenswert.
Doppelt-Hallelujah!
Räume lassen sich über das Etikett beschriften! Wir sind nicht mehr an einen einzelnen Raumstempel gebunden, der zwar viel innerhalb der Maßstäbe kann, aber dennoch wenig Freiheit besonders bei vollen Ausführungsplänen ließ. Die Funktion ist schon seit Jahr(zehnten) gewünscht.
Drei Monate nach der Archicad 2025 Veröffentlichung wurden die Funktionen mit einem Update nachnachgeliefert. Die Vorgehensweise von Graphisoft kann sich gern wiederholen. Einerseits ist die Funktion ausgereift und andererseits mussten wir statt einem Jahr nur einige Monate warten.
Es fühlt sich wie eine Abkürzung an, jetzt wo keine Workarounds, wie mehrere Schichten mit und ohne Bemaßung auf dem Plan nötig sind. Bisher war es umständlich Texturen in Ansicht und Schnitt dargestellt zu bekommen, da diese nur in der 3D-Perspektive zu sehen waren.
Umso erfreulicher ist es die Oberflächenstruktur in den Einstellungen der jeweiligen Sicht anschalten zu können. Grafisch ansprechende Darstellungen sind nun deutlich einfach zu generieren. Die Bedienung ist etwas versteckt, sodass eher erfahrene Nutzer die Funktionalität entdecken werden. Einmal entdeckt, wird diese sicherlich vielfach angewandt.
Was vorher ein GDL-Objekt war, ist nun deutlich benutzerfreundlicher und offensichtlicher geworden. Auch zu befürworten im Gegensatz zu vorher ist: „Es kann nur einen geben“. Das sollte den Modell-Austausch deutlich vereinfachen und versehentliche Neusetzungen und das Suchen nach „dem Richtigen“ nun erleichtern.
Das neue Erscheinungsbild ähnelt dem Revit Vermesserpunkt, was für die Kommunikation förderlich ist.
Es ist ein positives entgegenkommendes Zeichen, das die Open BIM-Philosophie widerspiegelt. Es ist faszinierend, dass sich Archicad sehr auf die Zusammenarbeit und Austauschfähigkeit konzentriert, wohingegen in Revit bzw. im Autosdesk-Cosmos weiterhin auf DWG gesetzt wird, was beispielsweise an unbefriedigenden PDF-Importen spürbar ist.
So vielversprechend der RVT-Export klingt, gibt es einen Haken. In Revit lässt sich damit kaum weiterarbeiten. Beispielsweise werden Wände zu „Direct Shapes“, was sich nicht in andere Familien ändern lässt. Weiterhin sind Öffnungen nicht weiterverwendbar.
Trotzdem ist es ein kleiner Fortschritt, denn die korrekte Geometrie wird übermittelt. So lässt sich das exportierte RVT-Modell als Referenz verlinken und auf Änderung vergleichen.
Noch ein Zeichen in Richtung Zusammenarbeit – und noch mehr Möglichkeiten
Eine zeitgleiche Zusammenarbeit im laufenden Prozess von Architektur- und Tragwerksplanung klingt als Workflow sehr spannend. Ein Abgleich funktioniert bisher gut in Solibri. Es wird sich zeigen, ob der Umgang mit vernetzten Projekten in der eigenen Modelliersoftware charmanter ist.
Auch die SAF-Schnittstelle im Austausch zur Statik wirkt vielversprechend. Eigene Erfahrungen konnten wir noch nicht machen.
Eine nachteilige Entwicklung
Der Zwang zur Graphisoft-ID, um Archicad auch nach 30 Tagen nutzen zu können, bietet keinen nennenswerten Nutzen für Anwendende. Die Registrierung mag kostenfrei sein. Wie in der restlichen digitalen Welt bezahlen Unternehmer sowie Einzelnutzer mit ihren Daten. Das mag in dem Fall „nur“ Mailadresse, Name und Unternehmen sein, gibt dennoch mehr Preis als nötig. Aus Admin-Sicht bedeutet es vor allem eins: mehr Verwaltungsaufwand und klingelnde Telefone.
Fazit zu Archicad 25
Mit jeder Version kommen definitiv nützliche Funktionen hinzu, die einen Versionswechsel begründen. Mit Archicad 25 sind eher kleinere Erweiterungen hinzugekommen, dennoch gewinnt man den Eindruck, dass die Entwicklung nah an den Anwendenden geschehen. Auch begrüßenswert ist, dass Projekte ab Archicad 20 einfach in der neuesten Version öffnen und sich ohne Funktionsverlust, wie vor 4 Jahren bei der Treppe, weiter bearbeiten lassen.
Bahnbrechende Schritte, wie eine differenzierte Schichtenbearbeitung (inklusive Eigenschaften und Überschreibungen) oder Baustoffeigenschaften, die am Element änderbar sind, bleiben aus. Da dies scheinbar keine „einfachen Kaliber“ sind, ist eine längere Entwicklungszeit aber nachvollziehbar.
Revit 2022 Neuerungen
Feature
Bewertung der BIM Helden
Im Eigenschaftenfenster einer 3D-Ansicht findet man nun die Option „Raster anzeigen“. Hier kann man festlegen auf welcher Ebene bzw. Ebenen das Raster dargestellt werden soll. Eine sehr nützliche Funktion, die damit die bereits in den Vorgängerversionen implementierte 3D-Darstellung von Ebenen logisch komplettiert. Für die Orientierung in großen Projekten ist dies eine enorm hilfreiche Erweiterung.
Dies war ein langersehnter Wunsch der Revit Anwender. Die Planzusammenstellung und Ausgabe in PDF war seit jeher ein viel zu umständlicher Prozess und hat besonders bei zeitkritischen Auslieferungen zu glühenden Köpfen geführt. Sei es, dass Maßketten auf einmal verschoben waren oder Linien urplötzlich nicht mehr dargestellt wurden. Irgendetwas hat bei dem ausgewählten PDF-Treiber immer nicht gepasst…und dann war da ja noch das ganze Kapitel mit der Dateibenennung!
All das ist jetzt passé. In Anlehnung an bereits zuvor bereitgestellte Exporter wie die von pyRevit, kann man nun direkt aus dem Programm heraus seine PDF erzeugen und Projektparameter für die Dateibenennung heranziehen. Eine längst hinfällige und tolle Neuerung!
Eine grandiose neue und ebenfalls längst hinfällige Funktion ist das Duplizieren von Plänen. Während man in 2D-Programmen mühelos mittels [Strg]+C und [Strg]+V zum Ziel gelangte, war man in Revit den sturen parametrischen Abhängigkeiten ausgeliefert.
Die neue Funktionalität wirkt gut durchdacht. Neben dem 1:1 Duplizieren von Plänen, kann man neue Ansichten auch als abhängige Ansichten definieren und auch festlegen, ob Detaillierungen mit übernommen werden sollen oder nicht. Die neu generierten Modellansichten erhalten automatisch erstmal den Anhang „Kopie 1“ im Namen.
Wir finden es eine Top-Funktion die erheblich Zeit einspart.
Beschriftungen konnten bisher entweder horizontal/vertikal oder an dem zu beschriftenden Objekt ausgerichtet erzeugt werden. Häufig stimmte die intern vom Programm vorgegebene Orientierung aber nicht mit der gewünschten Beschriftungsrichtung überein. Nun kann man sowohl für Beschriftungen als auch Texte einen beliebigen Drehwinkel eingeben. Texte konnten auch in den Vorgängerversionen gedreht werden, allerdings nur einzeln. Jetzt können alle Texte auf einmal angepasst werden. Des Weiteren verhilft diese neue Funktion zu einer größeren Flexibilität und professionelleren Plangestaltung.
Es ist nun möglich, einzelne Eisen innerhalb einer Verlegung zu verschieben oder auch zu entfernen. Dies ist z.B. dann hilfreich, wenn man Eisen an Durchbrüchen vorbei legen muss. Hier erspart man sich in Zukunft dafür eine zusätzliche Verlegung erzeugen zu müssen.
Ein großer Nachteil dieser neuen Funktion ist, dass man den Befehl „Ausrichten“ nicht mehr zum Angleichen der gesamten Verlegung an eine Bezugskante nutzen kann. Es wird jeweils nur das eine angeklickte Eisen aus der Verlegung berücksichtigt. Hier muss man höllisch aufpassen! Besser ist es in diesem Fall den „Schieben“ bzw. „Abhängigkeiten bearbeiten“ Befehl zu nutzen.
Fazit zu Revit 2022
Es sind definitiv große und gute Neuerungen hinzugekommen. Man muss aber auch ehrlicherweise sagen, dass ein Großteil dieser Funktionen in anderen Programmen schon längst vorhanden ist und man jetzt nur gleichzieht – siehe PDF-Export und Duplizieren von Plänen. Wünschenswert für die nächsten Versionen wäre es, erst nochmal einige der Grundfunktionen von Revit zu überarbeiten, bevor neue hinzukommen. Hier gibt es nämlich noch viel Anpassungsbedarf. Aus Sicht der Tragwerksplaner muss z.B. die Bewehrung erheblich flexibler werden. Viel zu oft wäre es sinnvoller, wenn die Abhängigkeiten der Bewehrung komplett vom Modell gelöst werden könnten. Fast immer sind die automatischen Änderung die Revit im Projektverlauf vornimmt nicht vom Planer gewollt und können nur schwer überwacht werden.
Das könnte dich auch interessieren...
BIMerkenswertes aus der Tragwerksplanung – Der neue Alltag
Der Fahrplan für die Woche für mich als Tragwerksplaner heißt: Bewehren, Bewehren, Bewehren! Wie immer ist der Projektdruck hoch und eigentlich ist man schon wieder vor dem Start in den Tag im…
Wunschzettel an das Architektur-IFC-Modell
Das Architekturmodell ist führend und bildet die Grundlage für die Leistungen der anderen Planungsbeteiligten. Dieser Artikel gibt eine Übersicht, worauf Architekten und HLSK-Planer achten sollten,…