Meine persönliche Meinung zu den getesteten 5D-Anwendungen

Zum Abschluss meiner Beitragsreihe „Eine Auswahl an 5D-Softwaretools“ möchte ich meine Erfahrungen aus den Tests kurz zusammenfassen und mit einer kleinen Bewertungsmatrix komplettieren, in der ich versucht habe die wesentlichen Stärken und Schwächen der einzelnen Werkzeuge anschaulich gegenüberzustellen.

Wer die vorherigen Beiträge nochmal nachlesen will wird unter folgenden Links fündig:

Teil 1 – DBD

Teil 2 – CaliforniaPro/Orca

Teil 3 – Bechmann/iTWO

Zunächst gilt es zu konstatieren, dass die Weiterentwicklung der 5D-Softwarelösungen in den letzten Jahren für alle von mir getesteten Anwendungen einen positiven Trend in Bezug auf Zuverlässigkeit und Anwenderfreundlichkeit erkennen lässt. Dennoch bieten alle Anwendungen in meinen Augen spezifische Vor- und Nachteile, die ich vorab beschreiben möchte, um meine Überlegungen zur abschließenden Benotung innerhalb der Bewertungsmatrix zu erläutern.

Hierbei werde ich explizit nicht auf die Kosten für Anschaffung und Wartung der Softwarelösungen eingehen, welche sich innerhalb des Testfelds natürlich erheblich unterscheiden.

DBD-BIM für CAD-seitige Bemusterung

Die Bemusterung mit DBD-BIM hinterlässt bei mir noch immer einen zwiespältigen Eindruck. Neben dem offensichtlichen Nachteil, dass es sich um keine vollwertige 5D-AVA-Software handelt und man folglich ohnehin ein zusätzliches AVA-System benötigt, fällt insbesondere die geringe Performance bei Bemusterung und Mengenermittlung in den CAD-Systemen negativ auf.

Viele meiner Kollegen sehen dem Gegenüber den Vorteil bereits früh in der Planung Kostenansätze in einer gewohnten Arbeitsumgebung in Form des CAD-Werkzeugs zu erhalten um somit kostenrelevante Planungsentscheidungen möglichst frühzeitig treffen zu können.

Die Verwendung kann sich daher insbesondere für kleinere Architekten- und Planungsbüros auszahlen, welchen es an der Kapazität fehlt eigene Kataloge mit Kostenansätzen kontinuierlich zu pflegen und für die 5D-Bemusterung vorhalten zu können. Dies gilt umso mehr, wenn man keine Mitwirkung in Leistungsphasen der Ausschreibung und Ausführung anstrebt und folglich kein oder nur ein einfaches AVA-System einsetzten möchte.

ORCA AVA

Die 5D-Bearbeitung in ORCA AVA zeichnet sich in meinen Augen durch eine besonders hohe Einsteigerfreundlichkeit aus, da viele Arbeitsschritte der Bemusterung hier besonders einfach, zumeist im Point-and-Click-Verfahren, durchgeführt werden können. Als wahrnehmbares Manko im Test blieb mir in Erinnerung, dass die Regelbasierte Bemusterung keine Einzelsplits für die Mengenübernahme der Bauteile bildet und stattdessen auf den Übertrag als Gesamtmenge bemusterter Bauteile begrenzt war.

Da die regelbasierte Übernahme zudem noch recht neu im Funktionsumfang von ORCA ist, steht zudem noch die Frage im Raum, wie gut sich die 5D-Bemusterung in ORCA perspektivisch in eine automatisierte Mengenermittlung überführen lassen wird.

Als ganzheitliches 5D-AVA-Werkzeug ist ORCA AVA in jedem Fall bereits jetzt einen Blick wert. Zumal es auch den BIM-LV-Container nach DIN SPEC unterstützt und somit ein zusätzlicher Pfad im OpenBIM-Konzept für 5D mit ORCA schon vorhanden ist.

California Pro

Mit California Pro sowie dessen BIM2AVA-Aufsatz für die modellbasierte Mengenermittlung habe ich ambivalente Erfahrungen sammeln können. Anfängliche Probleme beim Import meines Beispielmodells ließen mich zunächst an der Qualität zweifeln. Jedoch konnte ich nach einigen Anpassungen dennoch kurzfristig losbemustern. An dieser Stelle sei auch der freundliche Support durch G&W Software erwähnt, der kompetent auf Fragen eingeht und versucht Lösungen zu finden.

Positiv war in jedem Fall die flüssige Bedienung quasi aller Anwendungsfenster, deren Interaktion und Bedienung aber im ersten Anlauf etwas schwieriger fällt. Dagegen zeigte sich der als Vorlage mitgelieferte und erweiterbare Materialkatalog sowie der BIM-Varianten Parameterkatalog bereits als recht umfangreich, was den Entwicklerblick in Richtung Automatisierung der Mengenermittlung klar untermauert.

Nach der Einarbeitungsphase in die einzelnen Fenster der Bemusterung hatte ich in der Folge durchaus Spaß an der dann auch recht zügigen modellbasierten Mengenermittlung mit California. Zudem schlägt auch hier positiv zu buche, dass der LV-Container nach DIN SPEC 91350 ebenfalls problemlos aufgelöst werden kann und somit u.a. der Übernahme eines vorbemusterten Modells nichts im Wege steht.

iTWO Baseline

Mit dem Einsatz von iTWO für die 5D-Projektbearbeitung begibt man sich zunächst in eine große Sandbox, in der man den gewünschten 5D-Prozess größtenteils selbst ausgestalten muss, da RIB sich aktiv gegen die Bereitstellung von Vorlagen für die modellbasierte Bemusterung entschieden hat.

Obwohl für eine effektive (nicht ausschließlich Drag & Drop basierte) 5D-Arbeit also zunächst die Adaption der eigenen Modellstandards für die Mengen- und Kostenermittlung durchzuführen ist, was selbst bei bereits vorhandenem Modellstandard einen erheblichen Aufwand darstellt, lässt sich anschließend ein sehr effektiver 5D-Prozess mit iTWO auf verschiedenen Pfaden abbilden. Dieser wird durch einen besonders umfangreichen Satz klassischer AVA-Funktionen ergänzt, der sowohl die Einhaltung von Standards wie GAEB unterstützt und zugleich flexible Lösungsmöglichkeiten u.a. für die Arbeit mit Kostenträgern bietet.

Dem gegenüber ist der Verzicht auf die volle Kompatibilität zum BIM-LV-Container in iTWO klar als nachteilig zu betrachten. Zwar lassen sich die mit DBD-BIM bemusterten Modelle nach DIN SPEC 91400 importieren, jedoch nach der Aufbereitung in iTWO nicht mehr nach DIN SPEC 91350 exportieren, da iTWO eine proprietäre Schnittstelle anstatt des BIM-LV-Containers einsetzt, um modellbasierte Vergabepakte zu erzeugen. Diese können dann lediglich von anderen iTWO-Anwendern für die Bereitstellung von Angeboten und, im Falle der Beauftragung, für die Abrechnung genutzt werden.

Bechmann BIM und Bechmann AVA

Mein Test von Bechmann BIM zeigte, dass sowohl die Bemusterung innerhalb der Anwendung als auch der Import vorbemusterter Modelle gut implementiert sind und die 5D-Arbeit weitreichend unterstützen.

Gut gefallen hat mir bei der Bemusterung auch die Möglichkeit der parallelen Bemusterung der Bauteile mit einzelnen Teilleistungen oder auch Kostenelementen. Negativ fiel mir hauptsächlich das an einigen Stellen recht hakelige Interface auf, bei dem sich u.a. Dropdown-Menüs des Öfteren nicht oder nur sehr verzögert öffneten.

Im Bereich der klassischen AVA-Aufgaben sehe ich Bechmann AVA als solides Werkzeug ungefähr auf dem Niveau von ORCA und California. Obwohl es alle wichtigen Funktionen für die enthaltenen Aufgaben mitbringt, ist es im AVA-bereich an einigen Stellen weniger flexibel als z.B. iTWO.

Dass Bechmann Software sich dazu entschieden hat AVA und BIM-Komponenten grundlegende voneinander zu trennen und über eine Schnittstelle mit einander zu verknüpfen ist hier das große Alleinstellungsmerkmal von Bechmann, da es so, unter Nutzung des BIM-LV-Containers, sogar möglich ist, Bechmann BIM mit einer anderen grundständigen AVA-Anwendung zu kombinieren.

 

Abschließende Wertungsmatrix

Anwendung

Einstieg 5D Funktionsumfang 5D Nutzer-freundlichkeit allgemein Funktionsumfang AVA

Open BIM nach
DIN SPEC 91350

in Schulnoten 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend)

DBD-BIM für ARCHICAD 26

2 3 3 5 Ja
DBD-BIM für Revit 2023 1 3 3 5

Ja

ORCA AVA

2 2- 2 2

Ja

iTWO Baseline

3 1 2- 1

Nein

California Pro
BIM2AVA

3

2+ 2- 2

Ja

Bechmann AVA
Bechmann BIM

2

2 BIM: 2
AVA: 3
2

Ja

Arndt Fiebig

Arndt hat spätestens seit seiner Masterarbeit Blut für das Thema BIM vor allem in der digitalen Mengenermittlung geleckt. Dabei wird er nicht müde, den kleinen und großen Herausforderungen in der Nutzung von Software und Prozessen zu begegnen und akkurat Lösungsideen zu entwickeln. Vor allem der Biss und die Liebe zum Detail mit der er in diese Themen hineingeht, zeichnen ihn aus und machen ihn zu einem echten Experten auf dem Gebiet.
Arndt arbeitet bei der S&P Gruppe daran, den AVA- und Kostenprozess immer weiter zu digitalisieren. Sein ständiger Begleiter, der Heavy Metal. Privat beschäftigt er sich mit dem ganz physischen Hausbau und hat immer Zeit und ein offenes Ohr für das ein oder andere Schrauberthema.