Einleitung

Ich hatte heute erneut die Gelegenheit, an der DIN/VDI Gemeinschaftssitzung teilzunehmen, um meinen Arbeitsausschuss (DIN AA02- Datenaustausch) zu vertreten.

Die Kernfrage der heutigen Sitzung war es, ob wir mit der Normung auf dem richtigen Weg sind. Das wurde erwartungsgemäß  intensiv diskutiert. Das Ergebnis dieser Diskussion lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Seit 2013 haben wir beträchtliche Fortschritte erzielt. Nun müssen wir jedoch daran arbeiten, eine Konsolidierung herbeizuführen, um die Menge und Komplexität besser zu bewältigen. Gleichzeitig möchten wir die Praxisanwendung und Iteration durch die Praxis weiter vorantreiben.

Es war erfreulich festzustellen, dass trotz Präsenztermin eine hohe Teilnehmerquote zu verzeichnen war und nahezu alle Bereiche des Bauwesens in den Normungsprozess involviert sind – von der Planung über die Lehre bis hin zu Auftraggebern, öffentlichen Auftraggebern und Produktlieferanten. So sind alle Interessengruppen am Tisch.

Allgemeine Themen

Die DIN, VDI und CEN beschäftigen sich aktiv mit dem Thema „Smart Standards“ und planen, im Bereich Schallschutz und Brandschutz eine erste reine Bereitstellung des Normtextes (aktuell als PDF) in XML-Objekten umzusetzen. Dadurch können Unternehmen Normen oder Normteile direkt in ihre Softwarelösungen integrieren. Langfristig soll dies zu einer höheren Maschinenlesbarkeit und zur Bildung einer Ontologie mit RDF erweitert werden. Dies ermöglicht beispielsweise die direkte Einbindung von Normwerten für Messgeräte und die Übernahme von Aktualisierungen von Richtwerten.

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (05.03.2024) müssen europäisch harmonisierte Normen zukünftig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, wobei das Urheberrecht weiterhin besteht. Dies wirft Fragen zum Modell und zur Finanzierung der Normung auf, insbesondere im Bauwesen, und wird in den nächsten Monaten weitere spannende Entwicklungen mit sich bringen.

Aktuell wird auf CEN-Ebene an digitalen Produktpässen gearbeitet, um eine einheitliche digitale Informationsbibliothek für alle Produkte zu schaffen. Ziel ist es, klare Informationen über den Inhalt jedes Produkts bereitzustellen, wobei die Einführung erster Produktpässe bereits für 2027 geplant ist, beginnend mit Batterien und Spielzeug.

Grundsatzfrage: „Wie geht’s weiter mit der BIM-Normung?“

Die Diskussion rund um das Thema, wie machen wir weiter und was brauchen wir an Normen, war sehr interessant und sehr gut. Es zeigt sich, dass wir in einem Zwiespalt stecken. So wird (zum Beispiel beim Thema digital Twin) international weiter genormt und Deutschland hat keine andere Wahl als sich zu beteiligen, um zumindest die Chance zu haben mitzuwirken. Gleichzeitig haben wir bereits viele Normungsgrundlagen geschaffen (60-70 BIM-Normen), welche vor allem mit den Erkenntnissen aus der praktischen Anwendung immer wieder (auch recht schnell) angepasst werden müssen.

Auf der Grundlage war der generelle Konsens, dass vor allem Konsolidierung und Vereinheitlichung stattfinden muss, um Doppelbesetzungen von Begriffen und Inhalten zu vermeiden. Gleichzeitig müssen auch Inhalte (z. B.: die VDI 2552-11- Anwendungsfallbeschreibungen) durch die Praxisanwendung immer wieder angepasst werden und die Praxis muss durch die vorgezogene Normung dann die Chance haben, auf der „Spielwiese“ die Dinge auszuprobieren und zu verarbeiten.

Das einzige neue Thema, das kurzfristig aufgenommen werden soll, ist Nachhaltigkeit und „Circular Economy“, da es einen großen Bedarf gibt und der Zug bereits fährt. Hier braucht man die Chance, auch Wildwuchs oder Interessen von außen sinnvoll zu unterbinden, ohne das Thema mit Standards zu überladen.

Zusammenfassend stehen zwei wesentliche Aufgaben im Fokus:

  1. Die Praxisanbindung schärfen und ermitteln, welche Normen genutzt werden.
  2. Das Thema Nachhaltigkeit und Circular Economy in die Normungsagenda aufnehmen.

Aktuelles aus der Normung

Die Statusberichte behandelten zwei wichtige Themen:

  1. Der CEN wird sich ebenfalls mit Use-Cases befassen, um einen Technical Report zu erstellen, der bestehende Systeme (BuildingSmart, BIM-Deutschland, VDI usw.) vereinheitlicht.
  2. Die VDI 2552 wird insbesondere für die Blätter 3, 4 und 6 überarbeitet.

Die Veranstaltung war insgesamt ein Erfolg und zeigt, dass die Vielschichtigkeit der Themen und die notwendigen inhaltlichen Entwicklungen koordiniert und praktisch erprobt werden müssen. Insgesamt sind wir aber seid 2013 wirklich deutlich weiter gekommen im Verständnis von BIM und allem drumherum, was auch trotz aller Problemstellen etwas sehr gutes ist.

Julien Beyer

Julien ist BIM-Enthusiast der ersten Stunde. Für das Studium des Bauingenieurwesens an der HTWK Leipzig, hat es ihn in die große Stadt verschlagen. Von seiner Kindheit auf dem Land hat er seine Bodenständigkeit mitgebracht, die ihm auch in der Hektik des Alltags ein guter Begleiter ist. Er sieht stets das Gute im Menschen und gibt alles – gern auch im Team – damit gute Ideen nicht nur Visionen bleiben. Wenn er nicht gerade als BIM-Manager der S&P Gruppe die kleinen und großen Herausforderungen der BIM Implementierung löst oder in diversen Gremien versucht, pragmatische Lösungsansätze in Hilfen, Standards und Normen zu übernehmen, taucht er auch privat gern in virtuelle Welten ab.